AKEP-Jahrestagung: Von HTML5 zu EPUB3 – das eBook-Upgrade

Auf der AKEP-Jahrestagung am 21.06.2012 in Berlin sollte es in einer der Room Session es um HTML5 und EPUB3 gehen, den aktuellsten Stand der Web- und eBook-Technologien. Gut hatten die Organisatoren den Verlauf des Jahres eingeschätzt, denn in den vier Wochen vor der Tagung hatten Apple mit der Ankündigung, EPUB3 zu unterstützen und Google mit seinem Deutschland-Start von Google Play eBooks zwei entscheidende Schritte zur Marktrelevanz von EPUB3 getan. Zeit also, einen Blick auf die Möglichkeiten, Chancen und Grenzen des neuen eBook-Formates zu werfen.

Für ein Thema mit dem Nerd-Faktor einer Room Session, deren Titel nur aus Akronymen besteht, war der Vortrag zu meiner Verblüffung ausgesprochen gut besucht. Aus den Rückfragen des Publikums war zu merken, dass sich nicht nur Hersteller, Produktioner und Techniker, sondern auch Produktverantwortliche und Redaktionen eingefunden hatten. Erfreulich auch, wie oft es bereits zwischen den einzelnen Themen zu Rückfragen und Diskussion kam.

Überhaupt die Diskussion – war die Stimmung in den großen Formaten von AKEP-Jahrestagung und Buchtagen von scharfer Kontroverse und Berührungsängsten mit dem Neuen geprägt, war in dieser Runde davon kaum etwas zu spüren. Vorherrschend war dagegen kritischer Pragmatismus von denjenigen, die einen guten Job machen wollen in der Realisierung. Bei der Zukunft von Technologien wie EPUB3 ist noch lange nicht alles klar, es geht um wichtige und richtige Fragen.

Browser-Kriege reloaded?

Wird die Browser- und Varianten-Hölle noch einmal über die Implementierer herein brechen wie vor einem Jahrzehnt in der Web-Frühzeit? Natürlich wird es spezifische Varianten in den EPUB-Readern geben, dazu sind die Ökosysteme viel zu verschieden, für die die Anwendungen entwickelt wurden. Aber durch die Verwendung identischer Basistechnologien bis herunter auf die Ebene der HTML- und Javascript-Bibliotheken a la Webkit ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Konvergenz-Prozess schneller und reibungsloser gehen wird als bei der ersten und zweiten Generation Webtechnologien. Wer hier auf offene Standards setzt, betreibt aktive Investitionssicherung und nachhaltige Vorbereitung auf die Produktformen, die heute noch gar nicht zu erahnen sind.

Marktplätze und Abhängigkeiten

Die Marktmacht der großen Drei auf dem eBook-Sektor schreckt viele. Kein Wunder, wenn man mit Weltkonzernen zu tun hat, die ohne Rücksicht auf gewohnte Branchenstandards und lokale Besonderheiten wie gerade auf dem deutschen Markt die ganze Stärke ihrer Größe ausspielen. Was kann helfen? Sich technologisch unabhängig machen – mit Systemen, durch die man als Anbieter alle relevanten Produktformen parallel bedienen kann. Die Ökosysteme als Channels begreifen – die man dann nutzt, wenn die Marktrelevanz hoch genug, der Kundenbedarf gegeben und das Kosten-Nutzen-Verhältnis stimmig ist. Begreift man das Angebot von Amazon, Apple und Google als vorgefertigten Marketing-Channel, der für eine fixe und kalkulierbare Umsatzbeteiligung einen Zugang zu riesigen Kundengruppen bietet, verliert die Online-Welt ein Stück weit ihren Schrecken.

Ein unwiderstehliches Angebot

Die Möglichkeiten von EPUB3 bieten immense Potenziale. Über Mulitmedia-Integration, Interaktivität, adaptive Layouts und Öffnung der Produktformen zu sozialen Netzwerken und Web-Plattformen werden Produkte möglich, wie sie bisher nicht denkbar waren. Die Einbettung von Audio und Video kann einen neuen Weg zu einem Jahrzehnt des Visual Storytelling für alle erzählenden Produktformen aufzeigen. Interaktivität durch Scripting bietet die Möglichkeit, in der didaktischen Vermittlung ein fundamental neues Lernen zu realisieren. Die Öffnung der bisher abgeschlossenen Produktform „Buch“ in die Netzwerke schafft soziale Relevanz und ermöglicht Integration von Feedback in Echtzeit.

Natürlich wird der Weg dorthin nicht einfach sein. Die Produktformen sind ungewohnt in der Umsetzung, fordern die Gestalter und Produktioner wie nie zuvor, und benötigen intensive Kundenansprache und Vertriebsmodelle, die erst noch rentabel gemacht werden wollen. Aber das Beispiel der Musikbranche zeigt: Wer ein relevantes Kundenbedürfnis trifft und ein unwiderstehliches Angebot macht – der wird mehr Wertschöpfung realisieren können, als jemals vorher. Die Buchbranche hat viel zu bieten. Es gibt wenig Anlass zur Klage – und viel Anlass zum Ärmel hochkrempeln.

Die Präsentation

2 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Ich habe leider Ihre Vortrag „Von HTML5 zu EPUB3“ in Berlin verpasst. Planen Sie in naher Zukunft eine weitere Veranstaltung? Wenn ja, wir kann ich davon erfahren?

    Vielen Dank für eine kurze Rückmeldung.

    Sandra Meisel

  2. Liebe Frau Meisel,

    die nächste Veranstaltung, die ich momentan plane, ist ein Seminar bei der Akademie des deutschen Buchhandels in München zum selben Thema. Der Termin steht noch nicht sicher fest, wird aber wahrscheinlich Ende Q3/Anfang Q4 dieses Jahres liegen.

    Viele Grüße, Fabian Kern

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